Gesandt in die Zeit - Predigt zu Johannes 9,4

Von Br. Matthias Böker zur Kommunitätsfeier 2015

Wir veranstalteten einen Männerabend in einem Gasthof. Kurz vor Beginn der Veranstaltung hatten sich einige von uns zu den Gästen an die Tische gesetzt – so auch ich. Wir wollten später mit den Männern über das Thema des Abends ins Gespräch kommen. Die Veranstaltung nahm ihren Lauf. Das Thema wurde entfaltet. Teammitglieder berichteten über ihre Erfahrungen mit Gott im Alltag. Als dann jemand berichtete, dass Gott in Jesus zu uns kam, um uns in unserer Not zu helfen, beugte sich einer der Männer in meiner Runde über den Tisch und raunte seinem Gegenüber vertrauensvoll - im Brustton der Überzeugung - zu: „Kannst´e alles vergessen, was der da sagt. Völliger Unsinn.“ … Erst später merkte er, dass ich zum Team gehörte. Aber nach dieser freimütig geäußerten persönlichen Überzeugung hatten wir ein wirklich gutes Gespräch über die Fragen des Glaubens an diesem Abend.

Ja, so klar und deutlich die Aussage über die gute Nachricht von Jesus Christus ist, so stark wird sie von jeher auch infrage gestellt. Vor 2000 Jahren und heute. 

Ein Dorn im Auge

So lesen wir im Johannesevangelium, dass auch Jesus selbst eines Tages in Jerusalem im Tempel wegen seiner Botschaft angegriffen wurde – und zwar von den Pharisäern. Dies war eine Gruppe von Juden, die fest überzeugt waren, aufgrund ihres streng gesetzestreuen Lebens vor Gott gerecht zu sein, sich den Himmel sozusagen verdienen zu können. Sie vertrauten auf ihre Gerechtigkeit, ihre eigene vermeintlich hohe Moral. Deshalb lehnten sie Jesus ab, der ihnen sagte, dass er der angekündigte Gesalbte, der Messias, sei. Es war ihnen ein Dorn im Auge, dass er sie öffentlich auf ihre Sünde hin ansprach, und dass er behauptete, nur er könne ihnen Vergebung und göttliches Leben schenken.

Als Jesus mit den Jüngern nach dieser Auseinandersetzung aus dem Tempel heraustrat, sahen sie einen Mann, der von Geburt an blind war und die Jünger fragten Jesus (Johannes 9,2-5 (NGÜ): 

»Rabbi, wie kommt es, dass dieser Mann blind geboren wurde? Wer hat gesündigt – er selbst oder seine Eltern?« – »Es ist weder seine Schuld noch die seiner Eltern«, erwiderte Jesus. »An ihm soll sichtbar werden, was Gott zu tun vermag. Wir müssen den Auftrag dessen, der mich gesandt hat, ausführen, solange es Tag ist. Die Nacht kommt, in der niemand mehr etwas tun kann. Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.« 

Nachdem Jesus seinen Jüngern diese Antwort gegeben hatte, spuckte er auf den Boden und machte aus Erde und Speichel einen Brei, den er dem Blinden auf die Augen strich. Dann befahl er ihm: »Geh zum Teich Siloah, und wasch dir das Gesicht!« Der Mann ging dorthin und wusch sich das Gesicht. Und als er von dort wegging, konnte er sehen.“

Den Auftrag ausführen

Was hier durch Jesus geschehen war, war ungeheuerlich: ein Blinder wurde geheilt. Jeder Jude wusste, dass dies mit dem Anbruch des Reiches Gottes, mit der Herrschaft des Messias geschehen würde. So hatte es der Prophet Jesaja bezeugt (29,18-19; 42,7 u.a.): „Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen; und die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels.“

Nur der Gesalbte Gottes, der verheißene König der Juden, würde die Vollmacht haben, Blinde sehend zu machen. Das war hier geschehen. Das konnte niemand sonst. Eigentlich hätten die Pharisäer jetzt den Worten von Jesus glauben müssen, aber das wollten sie nicht. 

Im weiteren Verlauf des Berichts erfahren wir, dass sie sich immer massiver gegen Jesus wandten bis sie jede geistliche Einsicht verloren. Der geheilte Blinde dagegen gewann zunehmen an innerer Sehkraft, an geistlichem Verständnis, so dass er Jesus als den Gesandten Gottes, den Retter, für sich erkannte (vgl. Johannes 9,8-41).

An diesem Tag, als Jesus sich so deutlich als der verheißene Retter offenbarte, sprach er auch von seiner grundsätzlichen Sendung. Er sprach den Jüngern gegenüber von seiner Lebensberufung und bezog auch sie mit ein (Johannes 9,4): „Wir müssen den Auftrag dessen, der mich gesandt hat, ausführen, solange es Tag ist. Die Nacht kommt, in der niemand mehr etwas tun kann.“

Das hat Folgen

Ja, wir sind gesandt in die Zeit. Das ist Gottes Wille für uns.

Was für eine Dynamik, wenn wir erkennen: Wir sind von Gott gesandt! Wir haben Gott nicht nur kennengelernt, sondern tragen diese Botschaft nun zu anderen. Über die Maßen sind wir gesegnet: er hat uns von der Macht der Sünde erlöst, er hat uns vollkommen gerecht gemacht; er hat uns vergeben; er hat uns sogar zu Kindern Gottes mit Bürgerrecht im Himmel gemacht; er verändert unser Leben, dass es ihm ähnlicher wird usw. Und dieser Segen hat nun auch eine Bedeutung für die Menschen in unserem Umfeld. Wir sind gesegnet, um zu segnen!

So wie die Erweckung in Adelshofen 1955 nicht nur ein Segen für die Menschen in unserem Ort war, sondern weite Kreise zog: so kam es zur Gründung der Bibelschule und dann der Kommunität. Später entstand das Jahresteam und weitere Mitarbeiter kamen hinzu. Durch die Verkündigungsdienste, die von hier ausgingen, fanden viele Menschen zu Jesus. Und durch die theologische Ausbildungsstätte wurden bis zum heutigen Tag hunderte von Menschen als Verkündiger der guten Botschaft in alle Erdteile der Welt ausgesandt, die Jesus dort bezeugen, so dass weitere Menschen eine tiefgreifende Lebenserneuerung erführen und nun ihrerseits Jesus verkündigen. So gebraucht Gott auch Sie und mich. 

Wenn Sie Jesus, Ihren Herrn, nennen, dann hat das Folgen. Er sendet Sie in diese Zeit. Er leitet Sie. Er erfüllt Sie mit Freude. Sie sind Botschafter/in Gottes. 

Wir sind gesandt in die Zeit. Wenn Jesus in Johannes 9,4a sagt „Wir müssen den Auftrag dessen, der mich gesandt hat, ausführen“, dann spricht er aus, wozu wir gesandt sind. Es geht bei Jesus und uns um:

1. Gottes Auftrag

Der spezielle Auftrag von Jesus war, sein Leben stellvertretend für uns hinzugeben, die Strafe für unsere Schuld und Sünde stellvertretend auf sich zu nehmen, um uns Leben aus Gott zu schenken und um dies zu verkündigen. Aber Jesus sagt, wir (kursiv) müssen den Auftrag Gottes erfüllen. Auch seine Jünger haben einen klaren Auftrag Gottes. Worin er besteht, das stellt der Apostel Paulus deutlich heraus. Wir sollen diese wunderbare Nachricht von der Errettung durch Jesus allen Menschen sagen (2 Korinther 5,20) „Wir sind nun Gesandte an Christi statt, indem Gott jetzt durch uns die Menschen ermahnt. Wir bitten: Lasst Euch versöhnen mit Gott.“ 

Mehr als alles andere braucht unsere Zeit, unsere Welt, unser Kontinent, unser Land die gute Nachricht von der Erlösung durch Jesus. 

In Europa ist der Einfluss des Christentums zurückgedrängt. Immer mehr wird die Bibel, Gottes Wort und Maßstab aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Die Werte des Christentums wie Liebe, Wahrhaftigkeit, Menschenwürde, Vertrauen schätzt man durchaus, aber ihren Ursprung, Gott selbst, lehnt man ab. Man merkt nicht, dass man damit auch die Kraft verloren hat, diese Werte zu leben.

Was einmal der Schatz, die Identität und prägende Kraft Europas war, das Christentum, das Grundgesetzen als Fundament diente, wird geopfert zugunsten eines neuen Gottes, der Diesseitigkeit in allen Variationen und besonders der Wirtschaftsmacht, des Mammons. So wird der Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands ängstlich beobachtet. Zuversicht oder Niedergeschlagenheit hängen davon ab, ob sich die Kauflaune der Menschen „eintrübt“ oder „aufhellt“, wie es genannt wird. Die Entwicklung der Aktienkurse, die Reaktionen der weltweiten Finanzmärkte auf die Börsennachrichten und der persönliche Kontostand bewegen die Gemüter unablässig, aber die Seele bleibt leer.

Kälte breitet sich in dieser Welt aus, denn es fehlt die Liebe. Aber im 1. Johannesbrief 4,7 lesen wir: „Gott ist Liebe.“ 

Finsternis breitet sich in dieser Welt aus, denn es fehlt die Wahrheit und das Licht. Aber im Johannesevangelium bezeugt Jesus (12,8): „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

Die Todesmacht breitet sich in dieser Welt aus, denn es fehlt ihr das Leben. Aber im Johannesevangelium bezeugt Jesus (14,6): „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch mich.“ 

Was dieser Welt so stark fehlt, kann sie doch im Evangelium finden!

Deshalb sind wir in diese Zeit gesandt – von Gott beauftragt. Drei Aspekte sollen verdeutlichen, wie wir diesen Auftrag u.a. wahrnehmen können.

Weitersagen 

In diese Zeit der Orientierungslosigkeit sind wir gesandt, das Evangelium bekannt zu machen, von Jesus weiterzusagen, die Nachricht vom Reich Gottes, von der Herrschaft Gottes, von der Versöhnung durch Jesus zu verbreiten. Wir haben den Menschen das Herz warm zu machen von der Liebe Gottes, die sich so überwältigend in Jesus zeigt, der zu uns kam, und eine Brücke zu Gott schuf, als er stellvertretend für uns starb und dann von den Toten auferstand. 

Das ist unser Missionsauftrag, wie es jemand ausdrückte: „Christen müssen missionieren. Unbedingt. Sonst geben sie sich selbst auf. Sie können doch nicht von der dreifachen Zuwendung Gottes (Vater - Sohn – Heiliger Geist) leben, wenn sie diese anderen Menschen verschweigen.“ Wir brauchen Gemeinden mit Ausstrahlung, mutige Bekenner, Zeugen im Alltag.

Jeder von uns hat seine Kanzel: der Angestellte im Betrieb bei seinen Kollegen, die Patientin bei ihrer Krankengymnastin, der Fahrgast bei Mitreisenden, der Schüler bei seinen Freunden, die Sekretärin beim Chef und den Kolleginnen, die Großmutter bei ihren Enkeln etc.

Gebet

Und sein Auftrag besteht auch im Gebet: z.B. Gott anzubeten (Johannes 4,23), ihm die Ehre zu geben, aber auch für andere einzutreten, zu beten für verfolgte Christen in Nordkorea, Pakistan, Afghanistan, Irak oder im Iran; für Politiker, dass sie die Ursachen des Terrorismus erkennen und nach ihren Möglichkeiten bekämpfen; dass Menschen sich in diesem Chaos an Jesus wenden und ihn kennenlernen; dass Christen Wege finden, ihren Herrn zu bekennen. So können wir durch Gebet in diesen Tagen Christen weltweit unterstützen, die für ihren Glauben an Jesus verfolgt, inhaftiert, geschlagen und gefoltert werden.

Seelsorgerlicher Dienst

Sein Auftrag kann auch in dem seelsorgerlichen Dienst bestehen, indem wir durch die Wahrheit des Evangeliums die Finsternis entlarven oder indem wir einem Menschen die Vergebung durch Jesus zusprechen und er ein Kind Gottes wird. Wir können ihn anleiten, den Kampf gegen die Sünde aufzunehmen, um die Freiheit in Jesus zu erfahren. Der seelsorgerliche Dienst kann im Trösten, Ermutigen und Versöhnen bestehen. Die heilenden Auswirkungen sind ganz erstaunlich.

Da denke ich an Menschen, die anderen ihre Zeit schenken, die hören und für sie beten, ihnen helfen, die eigene Berufung zu finden. Andere haben ein tröstendes Wort für die Niedergeschlagenen; stiften Frieden, wo der blanke Zorn nur Scherben hinterlassen hat; wenden sich den Flüchtlingen, so dass sie die Liebe Jesu konkret erfahren können.

Nicht alle wissen um ihren Auftrag. Vielleicht geht es Ihnen auch so. Wenn Sie darum beten, sich Gott zur Verfügung stellen, wird er Ihnen bald zeigen, welchen Auftrag er für Sie hat. Gehen Sie erwartungsvoll darauf ein. Wenn es Gottes Auftrag für Sie ist, wird Gott Sie begleiten und Sie darin bestätigen und segnen.

2. Gottes Kraft

Um Gottes Auftrag ausführen zu können, braucht es aber auch seine Ausrüstung. Deshalb sagte Jesus bei seiner Himmelfahrt (Apostelgeschichte 1,8) „Wartet, bis der Heilige Geist kommt. … Ihr werdet seine Kraft empfangen, wenn er kommt.“ Und tatsächlich gingen die Jünger darauf ein. Es heißt: „Diese alle verharrten einmütig im Gebet“ (Apostelgeschichte 1,14). Das Beten kam einer Kapitulation gleich. Sie waren absolut nicht Herr über die großen Herausforderungen, die vor ihnen standen. Sie konnten mit dem Gebet nur bezeugen: es gibt einen Gott; und von ihm erwarten wir jetzt alles. Damit ließen sie auch alle eigenen Möglichkeiten los. Sie waren ganz auf Gott ausgerichtet, von dem sie alles erwarteten. Und nach zehn Tagen - zu Pfingsten – geschah, was Jesus versprochen hatte: Gott rüstete sie mit seinem Geist und mit seiner Kraft aus (Apostelgeschichte 2). 

Seitdem erfahren alle Menschen diese Kraft, die ihr Vertrauen auf Jesus setzen. In vielen Bibelstellen bezeugt der Apostel Paulus, dass er aus dieser Kraft Gottes sein Leben gestaltet. Im Brief an die Christen von Galatien schreibt er (Galater 2,20): „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Den Christen von Ephesus bezeugt er, dass wir „in Christus Jesus geschaffen sind zu guten Werken“, die aber Gott wirkt (ebenso 2 Korinther 12,9 u.a.).

Muss man sich da nicht fragen, wie diese Kraft in unseren Lebensalltag kommt?

Gott wirkt geistliches Leben in uns. Er verändert uns und gibt uns auch die Kraft, seinen Auftrag zu erfüllen. Nicht wir müssen etwas Großartiges vollbringen, sondern wir sind sozusagen nur ein Kanal seiner Liebe, ein Transparent, durch das er leuchten kann. Unsere Aufgabe ist dabei, ihm zu vertrauen, ihm zu glauben, dass er uns sieht, ausrüstet, leitet, sich zu uns stellt, dass er sich in unserem Tun offenbaren wird - beispielsweise

  • dass er uns die Worte gibt, einer Person von einer Erfahrung mit Jesus zu berichten.
  • dass er uns Liebe und Barmherzigkeit schenkt, Menschen wohlzutun.
  • dass er uns Worte der Ermutigung, des Trostes für den Kranken gibt – oder dass er selbst unser Stammeln, unsere Unbeholfenheit für andere zu einem Segen macht.

Und vielleicht fühlt sich jemand für diesen Auftrag eher unfähig, gar nicht strahlend, überzeugend, weil er den Eindruck hat, es würden ihm die Gaben oder der Mut oder das Wissen etc. fehlen. Vielleicht ist alle Selbstgewissheit zerbrochen. Dann mag ein Bild ermutigen: Wenn sich eine brennende Glühlampe in einem Krug befindet, sieht man das Licht der Glühlampe kaum – bzw. erst dann richtig, wenn der Krug zerbrochen ist, so dass das Licht nach außen treten kann. Vergleichbar mit diesem Bild kann es sehr hilfreich sein, wenn wir in der Ausübung unseres Auftrags nicht unsere menschlichen Gaben und Fähigkeiten glänzen lassen, sondern wenn sie in den Hintergrund treten und Raum wird für den Glanz der Botschaft Gottes und des Lichtes Gottes, das durch uns nach außen strahlt.

3. Gottes Zeit

Fragen wir uns nun, wie lange wir unserem Auftrag nachgehen können, so macht Jesus in dem eingangs erwähnten Wort (Johannes 9,4) dazu eine klare Aussagen: „Wir müssen den Auftrag dessen, der mich gesandt hat, ausführen, solange es Tag ist. Die Nacht kommt, in der niemand mehr etwas tun kann.“ Mit der Aussage „solange es Tag ist“ meint Jesus die Zeit, solange er, das Licht der Welt (Johannes 9,5), da ist und gesehen werden kann. So lange kann das Evangelium vom Reich Gottes frei verkündigt und geglaubt werden. Solange es Tag ist, solange die Welt unter der Macht des Lichtes steht, kann es also im Leben von Menschen auch noch hell werden, können Menschen zu Gott finden, seine Herrlichkeit erkennen, mit ihm ins Reine kommen. Es ist die günstige Gelegenheit, die Zeit der Gnade, deren Länge Gott bestimmt.

So sollen wir unserem Auftrag nachgehen, solange es möglich ist, solange der Freiraum besteht.

Dabei kann es auch geschehen, dass Gott Situationen schafft, in denen er sich besonders offenbaren möchte. So war es auch in Johannes 9 der Fall. Als Jesus an jenem Tag nach der Auseinandersetzung mit den Pharisäern aus dem Tempel trat und sich dort gerade der Blindgeborene befand, den Jesus dann heilte. Da war dies für Jesus die Zeit, sich an dem Blindgeborenen als Messias zu offenbaren. Für den Blindgeborenen war es ebenso der Zeitpunkt, jetzt dem Befehl Jesu zu vertrauen, zum Teich Siloh zu gehen, sich dort zu waschen und sehend zu werden. Es war auch der Zeitpunkt Gottes für die Pharisäer, Jesu Gottheit zu erkennen, doch sie verpassten diese Chance!

Gott macht das Programm

Gottes Zeitpunkt erkennen wir, wenn wir Gott aufsuchen, Zeit vor ihm verbringen, mit ihm reden, im Gottesdienst auf ihn hören, aufmerksam auf die Zeichen der Zeit achten, uns von ihm dienen lassen – durch Vergebung und Beauftragung. 

Vielleicht ist das Ihre Herausforderung, Gott Ihre Aufmerksamkeit ganz zu widmen, seine Beauftragung zu erfahren. Darf Gott Sie senden? Dann nehmen Sie seine Beauftragung an. Sehr deutlich stehen mir in diesem Zusammenhang einige Situationen aus meinem Elternhaus vor Augen. Als Seelsorgerin war es meiner Mutter wichtig, auf Gottes Reden zu achten. Wenn Menschen in Not waren und das seelsorgerliche Gespräch mit ihr suchten, dann hatte das Vorrang. Hier war Gott am Werk. Aus dieser Überzeugung heraus war sie bereit, auch ihre Pläne fallen zu lassen und auf Gottes Führung einzugehen. So war es auch als eines Tages, es war schon Spätvormittag, jemand aus der Gemeinde ihren Beistand und Rat in einer persönlichen Notsituation brauchte. Da die Situation keine Aufschub duldete, widmete meiner Mutter sich ganz diesem Gespräch. Als Folge kam an diesem Tag das Mittagessen wesentlich verspätet auf den Tisch. Als einer von uns Kindern sein Unverständnis darüber äußerte, erklärte sie: „Jemand hatte etwas Wichtiges auf dem Herzen. Das hatte jetzt Vorrang.“ Dann fügte sie mit Überzeugung hinzu: „Gott macht das Programm.“ Ja, Gott hat seine Zeiten, in denen er die Herzen berührt. Wie gut, wenn wir darauf eingehen.

Noch eines wird deutlich: die Zeit ist begrenzt. Was heute möglich ist, kann morgen schon ausgeschlossen sein. Deshalb lassen Sie uns heute handeln, solange es Tag ist.

Es ist uns gesagt, dass die Schwierigkeiten kommen werden. Doch auch die Finsternis muss sich letztlich unter Gottes Willen beugen. Am Ende steht der Sohn Gottes, der Sieger (Matthäus 24,30). Deshalb ruft er seinen Nachfolgern zu (Lukas 21,28): „Dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil eure Erlösung nahe ist.“ Mit dieser Gewissheit wirken wir zuversichtlich als Gottes Gesandte in dieser Zeit: in seinem Auftrag, in seiner Kraft und solange es noch Zeit ist.