... HILF MEINEM UNGLAUBEN

DER ZWEIFEL HAT NICHT DAS LETZTE WORT

Von Br. Matthias Böker

Es ist Kindertag. Mittagspause. Viele hundert Kinder stürmen lärmend über unser Gelände und genießen die gut 30 Spielstationen, die für sie Freude pur bedeuten. Mitten in diese Situation hinein kommt telefonisch die erschütternde Nachricht vom Tod eines lieben Freundes unserer Kommunität, den ich noch kürzlich bei uns begrüßte. Ist das möglich? Wie kann das sein? Ich kann es noch gar nicht recht fassen. Wieviel schlimmer ist es für die unmittelbar betroffenen Verwandten!

Wir alle kennen diese Krisenzeiten, die unser Leben von heute auf morgen so drastisch verändern, wie wir es uns nie vorstellten. So erleben wir es in der Pandemie der Coronavirus-Krise. Die Welt ist nicht mehr, wie sie vorher war. Und plötzlich melden sich verborgene Gefühle, Fragen und nicht selten auch Anklagen. Und ich merke, wie diese sich überschlagenden Hiobsbotschaften auch bei mir Spuren  hinterlassen.

Ich kenne Krisenzeiten, in denen mir Gott weit entfernt erschien. Nicht, dass ich seine Existenz geleugnet hätte, nein, aber die starken Anfragen an ihn wurden lauter in mir: „Warum muss es so kommen? Herr, warum greifst Du nicht ein, wie ich Dich seit langem im Gebet darum angefleht habe? Du kannst es doch! So oft habe ich schon Dein massives Eingreifen erlebt und auch anderen davon froh berichtet. Aber jetzt ist alles ganz anders.“
Ich erlebe, dass beides zusammengehört: Zeiten, in denen mich Worte Gottes stärken, tragen, froh stimmen und Zeiten, in denen Unverständnis über Gottes Wege und Glaubenszweifel bestimmend sind – mich aufbegehren oder verstummen lassen.

So unterschiedlich wie wir Menschen sind, so unterschiedlich reagieren wir auf Ereignisse im Leben, die wir schwer einordnen können. Und nur allzu schnell können sich auch massive Fehlschlüsse daruntermischen:
„Warum das? Warum ich? Was habe ich denn verbrochen?“ „O nein, Herr. Habe ich mich nicht so für Dich eingesetzt? Warst Du nicht immer an erster Stelle in meinem Leben?“ „Was hat denn das jetzt zu bedeuten? Prüfst Du mich? Strafst Du mich? Ich kann darin gar keinen Sinn erkennen. Irgendwie erscheinst Du mir so fern.“ „Was ist mit meinem Glauben los? Stimmt etwas
nicht in meiner Glaubensbeziehung? Ich kenne Jesus schon so lange. Warum greift er nicht ein? Warum ändert sich nichts? Warum mutet er mir das zu? Ich halte es nicht mehr aus. Ich verstehe Gott nicht. Warum diese Erfahrung, diese Not?“ „Ach – wer bin ich schon?“

ZWEIFEL

Schauen wir uns die erwähnten Zweifel näher an, stellen wir ganz unterschiedliche Wirkungen fest, die einen erstaunlichen Segen mit sich bringen können.
Ich habe erlebt, dass Zweifel mich bremsen, vielleicht sogar ausbremsen. Aber ist das so schlimm? Nein, keineswegs. Wenn ich mich den Zweifeln stelle, lehren sie mich viel über mich z.B. über mein Gottesbild (Wie denke ich über Gott? Welche Vorstellung habe ich eigentlich von ihm? Warum?), über mein Glaubensverständnis (Wie verstehe ich Glauben?).
Habe ich mir meine eigene Glaubenslehre zurechtgelegt, die vor Gott nicht standhält? Lebe ich vielleicht, was ich nur übernommen habe? Was ist eigentlich mit folgendem Denkmuster?: „Wenn Du nur vertraust, wird Unmögliches geschehen.“

Über meine Ängste, Wünsche und Befürchtungen. Und vielleicht zeigen sie mir die inneren Abgründe, die ich bisher übersehen habe. Das alles ist nicht schön, aber doch hilfreich.

Der Zweifel bewirkt durchaus, dass wir uns (vielleicht endlich) mit den wirklich wichtigen Fragen beschäftigen, die wir bisher nie gestellt und nie geklärt haben. Vielleicht stellen wir uns in diesem Zusammenhang auch der Anfrage: Auf welchem Fundament steht mein Leben?
Zweifel forscht nach der Wahrheit und hilft, dass wir uns auf den Weg nach besseren Antworten machen. Ja, so kann Zweifel sogar dazu helfen, gute Antworten auf Glaubensfragen zu finden.

Zweifel kann daher durchaus behilflich sein, neue Erkenntnisse zu gewinnen, im Glauben zu wachsen und positiv verändert zu werden.
Zweifel kann somit den Glauben stärken, weil er ihn auf seine Wahrhaftigkeit hin geprüft hat und in uns die Gewissheit wachsen lässt, dass wir dem Ergebnis glauben können.

Aber unsere Einsichtsfähigkeit hat Grenzen. Demütig müssen wir uns eingestehen: unsere Zweifel werden uns nicht zwangsläufig zu einer tieferen Gotteserkenntnis führen. Es bleibt somit Gnade, wenn quälende Zweifel uns tiefer nach Gott fragen lassen. Und ihn erkennen wir nur, soweit er sich uns offenbart.

In dieser Haltung will ich mich dem Zweifel stellen.

GLAUBE

Glaube ist nicht verfügbar. Glaube, die Beziehung zu Gott, kann stark angegriffen, hinterfragt und geprüft
werden.
Das erlebt auch ein Vater, der zu Jesus kommt (Mk 9,14-27). Er hat seinen Sohn mitgebracht, der von
einem Dämon besessen ist. Der quält ihn immer wieder und bringt ihn in Lebensgefahr. Zuvor hat der Vater schon die Jünger gebeten, seinen Sohn zu heilen. Aber sie sahen sich nicht in der Lage dazu. Als Jesus das erfährt, tadelt er deutlich den offensichtlichen Unglauben der Jünger. Dann wendet er sich wieder dem Vater zu und stellt heraus, dass er, Jesus, die Macht habe, den Sohn von diesem Dämon zu befreien.

Doch bevor er das tut, stellt er den Vater in die Verantwortung mit den Worten: „Dem Glaubenden ist alles möglich“ (Mk 9,23). Wir könnten auch formulieren: „Glaubst du?“ Daraufhin schreit der Vater aus tiefster innerer Betroffenheit heraus: „Ich glaube!“ Und fügt hinzu: „Hilf meinem Unglauben!“

Durch die Begegnung mit Jesus ist der Glaube in dem Vater geweckt. Daran will er festhalten, komme, was da wolle. Das ist die tragende Beziehung, wenn alle anderen Stützen versagen, denn es ist die Beziehung zu Gott! Selbst wenn der Vater ganz offensichtlich verzweifelt und hilflos ist und schreit, so wendet er sich weiterhin nur an Jesus, der sich mit seinem Reden und Tun als der verheißene Christus zu erkennen gegeben hat (vgl. auch Mk 9,12).

Er verlässt sich auf den, der einzig und allein vertrauenswürdig ist, Jesus. Wieviel mehr können wir, die wir nach Karfreitag und Ostern leben, mit gutem Grund Jesus vertrauen. Hat Jesus doch durch sein Sterben am Kreuz bewiesen, dass er in Liebe für uns ist. Und seine Auferstehung proklamiert unmissverständlich seine Herrschermacht, die den Tod besiegt hat.

Glaube ist ein Geschenk

Wenn wir an Jesus glauben, drücken wir damit eine Beziehung aus. Wir vertrauen ihm. Das ist auch unsere Haltung, die sich auf seine Aussagen und unzählige gute Erfahrungen stützt. Durch diese Erfahrungen, durch sein Wort und besonders durch Jesus offenbart Gott sich in unserem Leben. Wer es erkennt, bei dem wächst der Glaube. Und es folgt aus der Glaubenshaltung die Glaubenshandlung. Sehr schnell wird deutlich, dass christlicher Glaube immer auf den dreieinigen Gott ausgerichtet ist (Mk
11,22; Joh 14,1). Denn er ist das Fundament des Glaubens. Anders ausgedrückt: auf ihn vertrauen wir, wie er sich offenbart hat. Und es ist ein Geschenk, wenn wir vertrauen können.
So vertrauen wir auf Jesus, dass er sich stellvertretend für uns am Kreuz richten ließ, um uns Vergebung, seine Gerechtigkeit und ein Leben in dauerhafter Beziehung mit Gott zu schenken. (Joh 3,16; 10,10b)

Aber dieses Vertrauen, dieser Glaube ist in jeder Hinsicht ein Geschenk.

KONSTRUKTIVER UMGANG MIT DEM ZWEIFEL

1. Zweifel eingestehen
Es ist sehr hilfreich, wenn wir unsere Selbstwahrnehmung schärfen und wahrnehmen, dass wir zweifeln
oder dass wir uns in einer inneren Zerrissenheit befinden. Erst wenn wir uns eingestehen, dass wir zweifeln oder hin- und hergerissen sind, können wir konstruktiv mit Zweifeln umgehen, sie zulassen und anschauen.

2. Zweifel und Zeit zur Klärung
Wir brauchen Zeit, um uns mit den Erlebnissen auseinander zu setzen, die wir einfach nicht einordnen können, die uns in verschiedener Hinsicht an Gott zweifeln lassen.
So durchlebt Hiob schmerzvolle Zeiten, in denen er darum ringt, Klarheit über seine Leidenssituation zu finden. In dieser Zeit erträgt er auch die Fehldeutungen seiner Freunde, bis er am Ende doch im Glauben gestärkt aus dieser Krise hervorgeht. (Hiob 42,1-6)
Auch dem entmutigten Propheten Elia räumt Gott eine intensive Ruhe- und Klärungsphase ein, in der er erst einmal schlafen und essen kann. Dann folgt noch eine lange vierzigtägige Wanderung, auf der Elia seine Eindrücke weiterverarbeiten und seine Gedanken ordnen kann, bis Gott ihn wieder anspricht. (1 Kön 19,4-10)
Abschließend noch ein Beispiel aus dem Neuen Testament. Als einige Jünger am Auferstehungstag Jesu seine tatsächliche Auferstehung nicht glauben können, gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Es ist Jesus, doch erkennen sie ihn nicht.Während sie nun wandern, begegnet der Fremde ihrer Hoffnungslosigkeit, indem er ihnen anhand alttestamentlicher Verheißungen vor Augen stellt, dass die schrecklichen Leiden Jesu geschehen mussten, bevor er verherrlicht wurde.
So befreit er sie vom falschen Denken, indem er ihnen die Worte des Lebens sagt, die zuerst Trost, dann Hoffnung und schließlich neuen kraftvollen Glauben wecken. (Lk 24,13-35)

3. Zweifel und geistliches Wachstum
In Markus 9,24 weiß der Vater, dass sein augenblicklicher Glaube in Kürze auch wieder wanken kann. So ruft er: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ Und er meint damit: „Ich kenne mich doch: meine Schwachheit, mein Versagen ist mir absolut bewusst. Bitte stärke mich, damit ich nicht gleich wieder auf den nächsten Metern scheitere.“ Er kann sich also sehr gut und realistisch einschätzen. Da keimt in ihm der Wunsch auf, geistliches Wachstum zu erleben, um auch bei der nächsten Glaubensherausforderung an Jesus festzuhalten, ihm erneut zu vertrauen. Deshalb bittet er ihn: um Hilfe, um seine Unterstützung, um geistliche Stärkung. Ebenso können wir uns auch einander unsere Schwächen nennen und für einander eintreten. In dieser Weise ist wohl auch zu verstehen, was der bedrängte David erlebte, als inmitten schlimmster Herausforderungen sein Freund Jonathan zu ihm kam, „und seine Hand in Gott stärkte.“ (1 Sam 23,16)

Bericht - Mit doppeltem Boden

Christian Pletsch
Es war ein schöner Herbsttag. Kerstin war mit unserem ersten Kind schwanger. Eigentlich wollte ich an dem Tag zu einer Vorlesung. Doch Kerstin ging es die ganze Woche nicht so gut. So blieb ich da. Natürlich war sie in der Woche schon beim Arzt gewesen. Beim ersten Kind ist man ja immer etwas ängstlich. Doch er konnte nichts feststellen. An diesem Samstag nun ging es ihr aber noch schlechter und wir erinnerten uns an einen Satz aus dem Geburtsvorbereitungskurs: „Wenn etwas nicht stimmt, gehen Sie ins Krankenhaus.“ Gesagt, getan, wir gingen hin. Innerhalb kürzester Zeit überschlugen sich nun die Ereignisse und ein Oberarzt reichte mir Unterlagen zur Unterschrift. Kerstin war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr ansprechbar. „Das müssen Sie noch unterschreiben. Um das Baby brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Aber ob Ihre Frau durchkommt, kann ich Ihnen nicht versprechen“. Ich unterschrieb und schon war er wieder weg. Es folgten fünf Stunden des Wartens vor dem OP. Bisher die längsten Stunden meines Lebens. Nach drei Stunden wurde unsere Tochter an mir vorbeigeschoben und in einem speziellen Krankentransporter in die nächste Klinik mit einer Neugeborenen-Intensivstation gebracht. „Zu Ihrer Frau kann ich Ihnen nichts sagen.“, war die Antwort auf meine Nachfrage. In diesen Stunden geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Obwohl mir buchstäblich der Boden unter den Füßen wegbrach, fiel ich nicht ins Bodenlose. Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf. Doch im Gebet erlebte ich, wie Gott mir Halt gab. Er hielt mich. Er gab mir in diesen chaotischen Stunden Frieden. Mein Puls ging schneller und mein Magen grummelte trotzdem. Und wenn ich heute daran denke, spüre ich wieder etwas davon. Gott hat uns auch gesundheitlich alle durch diese Zeit getragen. Doch damals wurde mir klar: Das war in dem Moment nicht das Wichtigste. Entscheidend war, dass er mich hielt und mir neuen Boden unter die Füße gab. Egal, was kommen würde, er wäre da. Mein himmlischer Vater erwies sich für mich in dieser Zeit als vertrauenswürdig. Dieses Wissen und diese Erfahrung haben mir auch in späteren Krisenzeiten immer wieder Mut gemacht. Und so will ich diese Krise heute nicht missen. Was ich da gelernt habe, das hat sich tief in mich eingeprägt.


4. Zweifel und Hingabe an Jesus
Dass der Vater des besessenen Jungen nur Hilfe von Jesus erwartet, ist auch eine Form der Hingabe an ihn, dem er sein Leben damit anvertraut. Jesus ist nichts unmöglich. Das macht dem verzweifelten Vater in seiner Hilflosigkeit Mut. Deshalb erwartet er alles von Jesus. Glaube hat seine Kraft nie aus sich selbst nach dem Motto: „Mein Glaube hilft mir.“ „Mein Glaube trägt mich.“ Christlicher Glaube dagegen hat immer einen Bezugspunkt außerhalb von uns. Er bezieht sich auf eine Person: christlicher Glaube ist das Vertrauen auf den dreieinigen Gott und auf seine Verheißungen. So stehe ich als Christ in der wunderbaren Beziehung zu Gott, dem ich mich anvertrauen und hingeben kann, den ich bitten darf und dem ich vertrauensvoll sagen kann: „Dein Wille geschehe.“ (Mt 6,10)

5. Zweifel und Raum für Gottes Herzschlag
Wenn Gottes Herzschlag zu unserem Herzschlag wird, pulsiert sein Leben mächtig in uns. Dies geschieht, wenn wir uns an den Perspektivwechsel gewöhnen, der sich bei einem Menschen grundsätzlich dann vollzieht, wenn er ein Kind Gottes wird. Der Apostel Paulus betont, dass ein Christ mit Christus gekreuzigt ist, sodass tatsächlich nicht mehr er lebt, sondern Christus in ihm lebt (Gal 2,20). Deshalb schlägt nun Gottes Herz in ihm! Der Heilige Geist wirkt in ihm. Wer mit dieser Sichtweise lebt, der lebt nicht nur aus Gottes Gerechtigkeit, sondern Gott selbst wirkt in ihm, sodass der Glaubende eine spürbare Veränderung seines Wesens erfährt (2 Kor 3,18; Gal 5,22). Es ist eine faszinierende Erfahrung, wenn wir Gottes Herzschlag in uns spüren, wenn Christus in uns lebt und seine Zuversicht, seine Freude unser Herz, Denken und Fühlen immer stärker durchdringt.
Schon im Alten Testament bekannte der Psalmist in Ps 128,1 diese Freude: „Glücklich ist jeder, der den Herrn fürchtet,“ d.h. der Gott anbetend ehrt. Das führt aus der Enge der Angst in die Weite, in echtes Glück.
Ähnlich betonte auch König David in Ps 91,1 „Wer im Schutz des Höchsten wohnt, der bleibt im Schatten des Allmächtigen.“ David hatte seine Wohnung, seine Heimat in Gottes Nähe. Da war sein „Anwesen“ und damit das Wesentliche. Das war das Lebensgeheimnis dieses Mannes (Ps 27,4). Dieser Herzschlag Gottes in uns führt dazu, dass wir mit einer neuen göttlichen Sicht an die Glaubensherausforderungen herangehen können. Denn wir sind Teil seiner Königsherrschaft. In uns pulsiert göttliches Leben und es offenbart seine Kraft.
Noch manches wäre zu erwähnen, was uns auf dem Weg aus dem Zweifel zu festen Glaubensschritten hilfreich ist. Das belegen sowohl die hier beigefügten Erfahrungsberichte, als auch gewiss Ihre Erfahrungen, liebe Leser. Und trotzdem werden wir in aller Hingabe und echten Nachfolge erleben, wie wir in unserer Glaubensfestigkeit erprobt, vielleicht auch hin- und hergerissen werden. Lassen Sie es uns als Echtheitserweis unserer Glaubensbeziehung zu Jesus einordnen.
Hier können wir uns darin üben, an dem dreieinigen Gott fröhlich vertrauend festzuhalten. Und nichts soll uns hindern, erneut zu rufen: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“

Bericht- Mein Vertrauen in Jesus war erschüttert…

Alina Flumm (Theologisches Seminar)
"In der Liebe ist keine Furcht" (1 Joh 4,18), "Ich bin bei euch alle Tage" (Mt 28,20), "Denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen" (Röm 8,28).
Schöne Verse. Ermutigende Verse. Hoffnungsspendende Verse.
Eigentlich.
Vor eineinhalb Jahren wurde mein Vater arbeitsunfähig. Da ich die nächste Angehörige bin, habe ich nicht nur seine private Versorgung übernommen, sondern auch die Leitung seiner Ergotherapiepraxis. Eine große Bürde mit Anfang 20. Neben dem Studium am TSA kümmerte ich mich an Wochenenden und Abenden um Rechnungen, Verträge und Krankenversorgung.
Einige Wochen ging das gut. Sogar ein paar Monate. Doch dann überkam mich eine innere Unruhe, Ängste und Verzweiflung. Meistens nachts, sodass ich kaum schlafen konnte. All die positiven Bibelverse, die ich zu Anfang genannt habe, kamen mir falsch und heuchlerisch vor. Nun hatte die gesamte Situation nicht nur mein Privatleben unter Kontrolle, sondern auch mein Vertrauen in Jesus erschüttert. Existenzielle Zweifel überkamen mich und sind noch immer nicht überstanden.
Die Jahreslosung "Ich glaube. Hilf meinem Unglauben!" (Mark 9,24) spricht mir deshalb aus der Seele. Wie der Vater in der Bibelgeschichte will ich mich nicht verkriechen, wenn ich zweifle. Auch wenn es irrational ist, möchte ich mich an den wenden, an dem ich zweifle. Möchte mich ausstrecken nach Jesus und sagen: Herr, HILF du mir! Denn ich kann es nicht. Ich kann nicht alleine glauben. Und ich will fest halten an den Zusprüchen, die die Bibel gibt, auch wenn ich sie (noch) nicht aus vollstem Herzen glauben kann.