Mit Leben beschenkt

Von Br. Hubert Weiler

Johannes 10,10: Jesus ist gekommen, „um uns das Leben in ganzer Fülle zu schenken“. Ein Christ wurde wegen seines Glaubens kritisiert: „Jesus, den gibt’s ja gar nicht!“ 

Sagt der Christ: „Komisch, gerade habe ich noch mit ihm gesprochen …!“

Mit Leben beschenkt – wir wollen in diesem Beitrag den Fragen nachgehen: wie finden wir Lebensverbindung mit Gott? Was bedeutet Gewissheit im Glauben und wodurch wird sie gestärkt? Dazu noch Hilfen, wie wir unser Glaubensleben gestalten können und wie Gott uns begleitet, führt und tröstet.

Es begann mit einem Gebet

In einer persönlichen Krise stellte sich mir die Frage: „Wo finde ich Halt?“ und „Wie kommt Sinn und Ziel in mein Leben?“ Ich begann zu beten und in der Bibel zu lesen und merkte: nur Jesus ist die Antwort! Ein erfahrener Christ sagte mir, ich könne mein Leben durch das Gebet bei Gott fest machen, wie es in Johannes 1, 12,steht: „Wie viele ihn, Jesus, im Gebet aufnahmen, denen gab er das Recht, Gottes Kinder zu sein.“ Das tat ich. Es gab Schwankungen und Krisen, aber ich hatte meinen Glauben auf die Verheißung, auf das verlässliche Wort Gottes gegründet und wurde zusehends unabhängiger von Umständen und Stimmungen. So hat sich die Gewissheit im Glauben eingestellt.

Gewissheit

Glaubensgewissheit, Heilsgewissheit – ein großes Wort! „Das klingt doch wie im Märchen“, sagen manche Leute. „Wie kann ich behaupten, dass ich ewige Lebensverbindung, Kontakt mit Gott habe?“ „Dass ich ihn verstehen kann, mit ihm reden, dass er mich führt …? Das klingt doch überheblich, unmöglich, anmaßend ...!“ Und doch: es ist wahr. Ich erlebe es seit fast 40 Jahren! Das Heil liegt nicht in mir, meinem Verhalten, sondern liegt, um es mit Martin Luther zu sagen, „extra nos“ – außerhalb von uns, und ist uns von Gott geschenkt! Und das größte Geschenk wartet noch auf uns: die ewige Herrlichkeit im Himmel.

 Worauf gründet sich unsere Gewissheit?

  • Zunächst auf Gottes Wort: das obengenannte Bibelwort aus Johannes 1,12 hat mich auch in Krisen durchgetragen. Ein anderer hilfreicher Bibelvers: „Wer mit dem Sohn verbunden ist, hat das Leben. Wer nicht mit ihm, dem Sohn Gottes, verbunden ist, hat das Leben nicht. Ich habe euch diese Dinge geschrieben, um euch in der Gewissheit zu bestärken, dass ihr das ewige Leben habt; ihr glaubt ja an Jesus als den Sohn Gottes.“ (1. Johannes 5, 12 u. 13 / Neue Genfer Übersetzung). Das ist wie bei der Ehe: wenn jemand verheiratet ist, antwortet er / sie auf die Frage: „Bist du mit ihm oder ihr verheiratet?“ auch nicht: “Ich weiß nicht so recht“, „Ich hoffe es, oder „ … schon möglich ...“ – sondern: „Ja!“
  • Die Gewissheit im Glauben wird auch durch die in der Bibel beschriebene Art Gottes, bestärkt. Zum Beispiel dadurch, wie Jesus mit Menschen umgegangen ist und heute noch umgeht. Ein Beispiel steht in Johannes 21, 15 – 17: Der Apostel Petrus hatte Jesus in der Passion verleugnet. Der auferstandene Jesus begegnete ihm am See Tiberias mit der Frage: „Hast du mich lieb?“ Jesus machte ihm keine Vorwürfe oder fragte Petrus nach einer ausführlichen Erklärung oder Entschuldigung, sondern nur nach seiner – wenn man so will – „Rest-Liebe“. Er fragte dreimal, und nachdem im griechischen Text zweimal das Wort für die gottgewirkte Liebe ‚Agape‘ steht, heißt es bei der letzten Frage ‚nur‘ noch ‚phileis me?‘. Das meint die Freundschaftsliebe, die Sympathie, man könnte auch sagen „Magst du mich noch?“ So wenig erwartet Jesus von Petrus, so wenig erwartet er von uns, gerade in Krisen, wenn unser Glaube schwach geworden ist. So ist Gott. So geduldig! So weitherzig! Das stärkt uns in der Gewissheit des Glaubens. Es geht uns wie Petrus: Gottes Treue ist objektiv, nicht abhängig von meinen „Kurven“, die ich drehe.
  • Der Kreuzestod Jesu, der in der Bibel beschrieben wird, vergewissert uns: Jesus hat alle meine Sünden auf sich genommen. Ich bin erlöst von Schuld und vom bösen Gewissen und von den Einflüssen Satans. Er, der ‚Verkläger‘, will uns die Gewissheit madig machen, will uns einreden, dass wir viel zu schlecht sind, mit Gott Gemeinschaft zu haben … Aber das lassen wir nicht zu. Im Glauben und Vertrauen halten wir dagegen, auch wenn wir in einer Tief-Phase sind: ‚Ich gehöre zu Jesus für Zeit und Ewigkeit!“ Ich bin sein Kind! Ein guter Vergleich ist die Beziehung einer Mutter zu ihrem Kind: wenn es in die Windeln gemacht hat, wirft die Mutter es ja auch nicht raus, sondern macht es frisch. Es ist ihr Fleisch und Blut. Wenn ich als Christ/in schuldig geworden bin, gefallen bin, darf ich zu Jesus kommen und meine Sünden bekennen. Erfülltes Leben bedeutet auch volle Vergebung!

 Weitere Hilfen zur Stärkung meiner Glaubensgewissheit:

  • In der Glaubenskrise einen Seelsorger, eine Seelsorgerin aufsuchen. Es gibt Situationen, „da ist der Christus im Bruder größer als der Christus in mir“, (Dietrich Bonhoeffer). Da kann man sich aussprechen und im Glauben weiter gehen. Ein Sprichwort sagt: „Fallen ist menschlich, Liegenbleiben ist vom Teufel gewollt, Aufstehen ist göttlich!“
  • Gottesworte laut lesen – das kann uns ermutigen und vergewissern. Hier eine kleine Auswahl: Johannes 3, 16; Römer 7, 24 - 8,1; Epheser 3, 8 f.; Johannes 10, 27 f.; Römer 8, 38 f.; Lukas 10, 20.
  • Das Zeugnis des Heiligen Geistes erkennen – Römer 8, 16: der Geist Gottes bestätigt uns durch eine innere Gewissheit, dass wir zu Gott gehören und auf dem richtigen Weg sind.

Erfülltes Leben –

durch die Freude und den Umgang mit Gottes Wort

Gottes Wort hilft uns, ernährt unseren inneren Menschen, schenkt Trost und Perspektive. Wir können mit dem Propheten Jeremia bekennen: „Dein Wort war meine Speise, sooft ich es empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost“ (Jeremia 15,16).

„…und er ist dennoch bei Dir!“

Wo ich als junger Christ mehr oder weniger unter einem „frommen Druck“ stand, bestimmte Formen und Dauer der Bibellese einzuhalten, ist das einer echten Freude auf Gottes Wort und einer Erwartungshaltung gewichen, mit dem begleitenden Gebet: „Herr, was willst du mir jetzt sagen, mich ermutigen, korrigieren?“ Manchmal schreibe ich nach dem Lesen des Textes auch das, was mich bewegt, auf. Das Bibellesen sehe ich ausschließlich „im positiven Bereich“ – wie ich es nenne. Ich muss keine Leseleistung vor Gott erbringen, sondern er will mich durch das segnen, was ich von ihm lese und erfahre. Ob es an einem Tag mehr oder weniger ist, beeinträchtigt meine Beziehung zu Gott nicht. Eine Christin klagte einmal ihrer Seelsorgerin, dass es wieder nicht mit der Bibellese am Morgen geklappt habe. „Und er ist dennoch bei Dir!“, antwortete die erfahrene Frau.

Praktische Hilfen zur Bibellese

Morgens beim Aufstehen den „Schluck aus der Feldflasche nehmen“, wie es der Essener Pfarrer Wilhelm Busch nannte: die Tageslosung aus dem Losungs-Heft der Herrnhuter Brüdergemeine. Vor dem Frühstück kommt dann als zweites der in diesem Büchlein vorgeschlagene Tagestext. Und drittens lese ich seit etlichen Jahren einmal im Jahr nach einem Plan durch die Bibel, was mir eine große Freude und innere Festigung bedeutet.

Leben unter Gottes Führung

Was für ein Vorrecht: Christen sind geführt vom lebendigen Gott. Das kann in den Alltagsdingen sein: „Herr, wen soll ich heute anrufen?“ „Soll ich mir dies oder jenes kaufen?“ usw… Gott kann dafür auch Impulse geben, wobei wir für das Meiste im Alltag einen gesunden Menschenverstand mit auf den Weg bekommen haben. Die entscheidenden „großen“ Weichenstellungen in meiner Lebensführung durch Gottes Wort ausgelöst und bestätigt. Um nur ein Beispiel zu nennen: als ich mich fragte, ob ich nach einer langen juristischen Ausbildung, wie mir geraten wurde, ein Theologisches Seminar besuchen sollte, war es das Bibelwort aus Römer 10, 14b f., das mir dreimal in ganz besonderen Situationen begegnete: „Wie sollen sie hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ Nach der dritten Situation, ließ ich mich von diesem Plan nicht mehr abbringen. Gott bestätigte es über die Jahre und Jahrzehnte, dass er der Absender dieses konkreten Bibelwortes in mein Leben war.

Mit Gott auf ‚Du und Du‘ – das Gebet

Allem voran: das Lob Gottes und der Dank! „Auch dieser Tag soll mit einem Lob beginnen“, heißt es in einem Lied von Hella Heizmann. „Loben zieht nach oben und Danken schützt vor Wanken“ gilt nicht nur im ‚Jahr der Dankbarkeit‘, das zurzeit viele Christen und christliche Werke gestalten. Durch das Gotteslob rücken wir seine Größe und Herrlichkeit ins richtige Licht. Reichen mir die eigenen Worte nicht, kann ich mit den Psalmen Gott loben, z. B. am Morgen Psalm 103 oder andere Lobpsalmen laut beten. Das Danken rückt mein eigenes Leben ins rechte Licht. Ich freue mich über das, was Gott mir geschenkt hat – und das bekommt er auch zu hören! Manches davon wandert auch in mein Dank-Heft. Nicht der Mangel soll mich und mein Denken bestimmen, sondern ich danke Gott für das, was da ist. „Das Glas ist halb voll und nicht halb leer …“ Auch in den Tiefen, in Schwermut und Krankheit wollen wir es praktizieren: zu allererst Gott zu loben. Das kann ein Durchbruch zum Licht sein. Aber wir dürfen bei Gott auch klagen, unser Herz ausschütten (vgl. Psalm 63, 9), jammern oder mit dem Psalmisten rufen: „Wie lange willst du mich so ganz vergessen …?“ (Psalm 13, 2). Hauptsache, die Adresse stimmt: Gott! Nach der Klage kann ich vielleicht mit dem Psalmisten auch bekennen: „Mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst!“ (Psalm 13, 6).

Gemeinschaft, die trägt

„Allein geht man ein“ – sagt ein Sprichwort. So ist es eine große Hilfe und Stabilisierung, in einer christlichen Gemeinde, in einem Gesprächskreis zu sein. Auch die Seelsorge, das vertrauliche Gespräch stärkt uns. Für mich ist auch unsere Kommunitätsgemeinschaft ein wichtiger Rückhalt. Wo ich mich auch mal „fallen lassen“ kann, aber auch die gemeinsamen Zeiten zu genießen und zusammen als eingespieltes Team die Aufgaben des Lebenszentrums anzugehen.

Vollkommen getröstet

„Ich bin erfüllt mit Trost …“, schreibt der Apostel Paulus über seine Notlagen (2. Korinther 7, 4) Wie wichtig, dass wir nicht nur einen „Schönwetter-Gott“ haben, sondern, dass er mit uns durch Nöte, Mangel, Krankheit und Trauer geht. Ein Beispiel: Der Mann von D. aus Kenia wurde von hasserfüllten Männern brutal ermordet. Sie schreibt: „Sie haben unsere gemeinsame Zukunft vernichtet. Ich bin dankbar für Christen an meiner Seite. Das Gebet gibt mir Kraft. Trotzdem ist es sehr schwer. Ich brauche Jesus sehr.“

Mit dem Evangelium zu den Menschen

Erfülltes Leben – wir haben allen Grund, anderen Menschen davon weiter zu sagen. Je nach Begabung, Situation – und ohne Zwang. Martin S. berichtet: „Ein Kontakt ergab sich am Kiosk um die Ecke. Der Besitzer wollte sein Leben ordnen und fragte mich nach einer Bibel. Wir hatten viele gute Gespräche. Inzwischen sitzt er wegen einer früheren Straftat im Gefängnis und liest täglich lange in der Bibel. Er hat das Neue Testament schon mehrere Male durchgelesen und redet in jedem Brief von seinem Freund Jesus. Sobald er frei kommt, will er getauft werden.“ Unser Bruder Karlheinz Vogelgesang schreibt: Mir ist es wichtig, den Menschen, die mich damals in der Schule und meiner Lehre mit persönlichem Interesse und Engagement ausgebildet und geprägt haben, meinen Dank zum Ausdruck zu bringen. Dazu bot sich vor kurzem wieder einmal Gelegenheit bei einem Besuch. Eine herzliche Begegnung mit Wertschätzung ergibt sich. Im Lauf des Gesprächs werde ich gefragt, wie ich Christ geworden bin. Ich berichte, dass ich durch einen Flyer, den ich als 24-Jähriger erhielt, erfuhr, wie ich durch Jesus Chris-tus mit Gott in Ordnung kommen kann, und dann mein Ja-Wort zu diesem Angebot Gottes gab. Aufmerksame Zuhörer. Vor dem Verabschieden frage ich, ob ich noch für sie um Gottes Wirken beten darf. Sie stimmen zu. „Gott segne Sie!“ sage ich spontan nach dem Gebet. „Sie auch!“ antwortet jemand von der Familie. Ich staune. Die Haltung Gott gegenüber war bei ihnen vor wenigen Jahren noch völlig anders.

Zusammenfassung

Christsein ist ein von Gott geschenktes, erfülltes Leben – mit allen Höhen und Tiefen, mit Gebetserhörungen und Enttäuschungen. Erfüllt, trotz unerfüllter Wünsche. Ich brauche nicht ständig „spektakuläre“ Glaubenserfahrungen oder Hochgefühle, lebe eigentlich ein schlichtes und normales Leben mit Jesus. Aber eben mit Jesus, von ihm gehalten und geführt, bis zum ewigen Ziel.