Meine Frau, die Kinder und ich

Die Familie ist sicher eine der engsten Beziehungen zwischen und für Menschen. Ein Raum, um sich nahe zu sein. Aber eben auch einer, in dem Missverständnisse geboren werden. Und die sind nicht selten darin begründet, dass das mit dem Zuhören manchmal nicht so klappt, meint Siggi Waldmann. Ein Appel zum richtig hören, um das Richtige zu hören.

 

 

16000. So viele Wörter redet ein Mensch am Tag. Angeblich. Zig anderen Zahlen dazu sind im Umlauf. Aber wie viele Worte hören wir täglich – wie viele davon hören wir richtig – und wann hören wir dabei auch noch das Richtige? Besonders wichtig ist es gerade in den zentralen menschlichen Beziehungen, in Ehe und Familie, dass wir richtig hören und das Richtige hören. Mit der Bibel im Gepäck und mit mehr oder weniger gelungenen Beispielen aus dem eigenen Familienalltag will ich wissen, wie das Hören des Richtigen in Ehe und Familie gelingen kann.

 

Das Richtige – was ist das überhaupt?

Wenn wir das Richtige hören wollen, müssen wir zunächst klären, was das Richtige überhaupt ist. Dazu geht der Blick zuerst auf den, der sich als den Richtigen bezeichnet: Jesus, der die Wahrheit in Person ist (Joh. 14,6). Wenn ich als Ehemann und Vater das Richtige hören will und dazu beitragen möchte, dass auch meine Frau und Kinder das Richtige hören, brauche ich dabei den Kontakt zu dem, der mir zeigt, was wahr und falsch ist. Ich brauche die Haltung von Samuel, der zu Gott sagt: „Rede, denn dein Knecht hört!“ So kann es in der Ehe und im Umgang mit den eigenen Kindern immer wieder der erste Schritt sein, auf das zu hören, was Gott über Ehepartner und Kinder Richtiges sagt. Richtig ist: Meine Frau und meine Kinder sind als Gottes Ebenbilder geschaffen und von ihm geliebt (Gen. 1,27). Richtig ist: Sie sind dazu geschaffen, um vor allem mit ihm selbst in Beziehung zu sein (Kol. 1,16). Das sind die alles entscheidenden Vorzeichen, gerade für die zentralsten menschlichen Beziehungen, unter denen es möglich ist, das Richtige zu hören und richtig aufeinander zu hören. Denn mit dieser Grundlage wird deutlich, dass wir als Ehepartner und Eltern zuerst das Wohl des anderen im Blick haben sollen. Das Wohl des von Gott geschaffenen und geliebten Ehepartners und der von Gott geschaffenen und geliebten Kinder. Und wo wir dies haben, wird es uns wichtig sein, auch richtig zu hören und alles dafür zu tun, damit wir selbst richtig gehört und verstanden werden können. Und weil Gott ein großes Interesse an unserem Wohl in der Familie hat, gibt er uns ein paar hilfreiche Tipps, um das Richtige zu hören:

 

Schnell zum Hören, langsam zum Reden

Es beginnt mit dem Griff an die eigene Nase. Für mich als Ehemann und Vater, der gern und viel redet, sind die Worte des Jakobus wichtig: „Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ (Jak. 1,19). Jakobus macht deutlich, dass wir im Miteinander einen besonderen Wert auf das Hören legen sollen. Dabei geht es nicht darum, möglichst schnell zuzuhören, sondern dem Hören eine besondere Hingabe zu geben. In den Familienalltag übertragen kann das bedeuten: Erst dort, wo ich richtig zugehört und mich darum bemüht habe, richtig zu verstehen, soll ich selbst reden und meine Gedanken dazu äußern. Nun geht es hier nicht um eine gesetzliche Reihenfolge. Natürlich darf ich selbst das Wort ergreifen, über wichtige und scheinbar belanglose Themen sprechen. Doch die Grundhaltung, sich besonders um das Hören zu bemühen ist die, die unsere familiären Beziehungen prägen soll. Wie hilfreich es ist, wenn das gelingt, erlebe ich in meiner Familie – und ich erlebe auch das Gegenteil. Da ist eine Situation, in der eines meiner Kinder aufgebracht ist. Bevor ich in das Gespräch gehe, ein kurzes Gebet – etwa so: „Jesus, gib mir Weisheit, etwas Hilfreiches zu sagen“. Und dann erlebe ich, dass Jesus mir den Gedanken schenkt, erst nochmal nachzufragen, woher der Ärger kommt. Ich darf zuhören, verstehen und tatsächlich folgt ein kurzes, hilfreiches Gespräch. Aber auch dies kommt vor und passiert mir: Anstatt kurz innezuhalten, gehe ich direkt ins Gespräch, beginne zu diskutieren und bin zu schnell am Reden. Höre nicht hin und erlebe, dass ich am Ende eines Gespräches mit zu vielen eigenen Worten erkenne: Das hätte ich besser lösen können! Gott meint: Wir sollen eine besondere Hingabe zum Hören entwickeln.

 

Das entscheidende Vorzeichen: Liebe

Als Ehemann gilt für mich Epheser 5,25: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben“. Vor Jahren habe ich mal gehört, dass das Vorzeichen, dass in einer Beziehung an der Tagesordnung ist, zu einer gelingenden Kommunikation hilft. Wenn der Grundsatz in unseren Beziehungen positiv ist, eine Beziehung grundsätzlich von Liebe geprägt ist, dann fällt es leichter, das Richtige zu hören und hilfreich miteinander zu reden. Paulus gibt die Liebe als entscheidendes Vorzeichen für den Umgang von Männern mit ihren Frauen aus. Und natürlich auch für alle anderen Beziehungen. Vorbild dafür ist Jesus selbst, der in seiner Liebe für die Gemeinde bereit war, sich selbst völlig hinzugeben. Wieder wird deutlich: Gerade unsere zentralsten Beziehungen sollen davon geprägt sein, das Wohl des anderen im Fokus zu haben, und sich selbst dabei für den anderen hinzugeben. Das ist nur möglich, wenn ich hinhöre und verstehen möchte, was dafür gerade nötig ist. Dafür braucht es Zeit, die wir uns als Ehepaar bewusst nehmen, Abende, an denen wir ausführlich Reden und Hören. Das tut richtig gut! An manchen Tagen geben wir uns auch die Klinke in die Hand und irgendwann fällt der Satz „Das hatte ich doch gesagt!“. Ja, gesagt war es wohl worden. Aber nicht gehört. Wo das Vorzeichen der Liebe gesetzt ist, da lassen sich Missverständnisse klären und man kann sich gegenseitig neu zuhören.

 

Dabei steht und fällt alles in der eigenen Begegnung mit Gott. In der ich mich von ihm prägen lasse und ihn um Weisheit bitte. Diese Begegnung gilt es immer wieder zu suchen. Ich kenne die Tage, an denen mein Hören auf Gott das Hören in der Familie positiv prägt. Und ich kenne die anderen Tage. Dann übe ich mich darin und halte mir jedes Mal neu vor Augen: „Rede, Herr, denn dein Knecht hört!“

 

 

Siggi Waldmann ist unter anderem verantwortlich im Bereich Verkündigung und für den Erlebnisgarten und liebt es, mit tollen Leuten draußen unterwegs zu sein und dabei starke Erfahrungen zu machen. Der Vater von drei Kindern gehört dem Vorstand der Stiftung an.